Auffälligkeiten im Schulalter

(Hinweis: Oft zeigt sich nur ein Teil der genannten Merkmale.)

Viele Kinder, bei denen frühkindliche Reflexe noch aktiv sind, wirken im Schulalltag überfordert – obwohl sie häufig sehr intelligent sind. Die Gründe liegen dann weniger in „Unkonzentriertheit“, sondern oft in unausgereiften neurophysiologischen Grundlagen, die Lernen, Wahrnehmen und Motorik beeinflussen.



Typische Hinweise im Überblick

  • leicht ablenkbar, scheinbar unkonzentriert
  • schnelles Vergessen von Gelerntem
  • unruhiges oder verkrampftes Sitzen
  • langsames Arbeitstempo
  • Schwierigkeiten, Abläufe oder Reihenfolgen zu erkennen
  • Probleme bei links/rechts, Uhrzeit, Zeitgefühl
  • verdrehte Buchstaben oder Zahlen; Fehler beim Abschreiben
  • verkrampfte Stift- oder Schreibhaltung
  • Schwierigkeiten im Rechnen, Mengenverständnis, Zahlendrehung
  • monotones oder mühevolles Vorlesen; undeutliche Aussprache
  • Haltungsprobleme (z. B. Rundrücken, Skoliose)
  • frühere oder aktuelle KISS-/KIDD-Problematiken



Auditive Auffälligkeiten

(Moro, ATNR, TLR)


Mögliche Symptome

  • Verwechslungen ähnlicher Laute (S/F, B/P, T/D, K/G)
  • Auslassen oder Vertauschen von Lauten, Buchstaben oder Ziffern
  • langsames Schreiben bei Diktaten
  • hohe Lärmempfindlichkeit
  • verzögerte Lautverarbeitung → Probleme im verstehenden Lesen
  • Schwierigkeiten beim Reproduzieren von Rhythmen oder Lautfolgen
  • Probleme beim Schreiben nach Gehör, Grammatikfehler
  • schlechtere Sprachverarbeitung in lauter Umgebung


Warum passiert das?

  • Moro: Reizüberflutung, eingeschränkte Filterfunktion
  • ATNR: fehlende oder linke Ohrdominanz, veränderte Verarbeitungsgeschwindigkeit
  • TLR: eingeschränkte Kopf- und Augenstellreaktionen → erschwerte auditiv-räumliche Orientierung



Visuelle Auffälligkeiten

(Moro, ATNR, STNR, TLR)


Mögliche Symptome

  • schnelles Ermüden beim Lesen
  • Probleme beim Umschalten von Tafel- zu Heftsicht
  • Zeilen verrutschen, Wörter werden ausgelassen
  • Verschwimmen von Buchstaben oder Zahlen
  • Schwierigkeiten beim Abschreiben
  • unsichere räumliche Wahrnehmung → vertauschte Rechenzeichen, Mengenprobleme
  • spiegelverkehrtes Schreiben (Buchstaben/Zahlen)
  • helligkeitsbedingte Überreizung
  • Probleme mit sacadischen Augenbewegungen (Sprungbewegungen beim Lesen)


Warum passiert das?

  • Moro: Stresshormone verändern Brennweite → schlechte Nahsicht & Ablenkbarkeit
  • ATNR / STNR: unklare Augenführung, gestörte Fixation
  • TLR: fehlende Feineinstellung der Augen nach Kopfbewegungen



Grob- & Feinmotorik

(ATNR, STNR, TLR)


Mögliche Symptome

  • ungeschickte, unkoordinierte Bewegungen
  • Schwierigkeiten beim Überkreuzen der Körpermitte
  • schlechte oder langsame Schreibschrift
  • verkrampfte, ungewöhnliche Stifthaltung
  • starker Stiftdruck, „Kampf“ gegen die Bewegung
  • auffällige Sitzhaltungen: Herumlümmeln, Einsacken, Füße einklemmen
  • schneller Kraftverlust, motorische Ermüdung
  • große Schwierigkeiten in Ballsportarten


Warum passiert das?

  • ATNR: automatisches Strecken bei Kopfdrehung → Schreiben & Feinmotorik stark erschwert
  • STNR: Oberkörper und Unterkörper arbeiten gegeneinander → instabile Sitzhaltung
  • TLR: beeinträchtigte Gleichgewichts- und Körperwahrnehmung



Sprache & Artikulation

(Such- & Saugreflex, Palmarreflex, TLR)


Mögliche Symptome

  • Lispeln, undeutliche Artikulation
  • Probleme mit S- und Zischlauten
  • ineffiziente Mundmotorik
  • unwillkürliche Lippen- oder Zungenbewegungen beim Schreiben
  • mögliche Verbindung zu Stottern


Warum passiert das?

  • enge Verbindung zwischen Hand- und Mundmotorik
  • nicht integrierte frühkindliche Reflexe beeinflussen Zungen- und Kieferbewegungen



Sozialverhalten

(besonders Moro)


Mögliche Symptome

  • starke Ängstlichkeit oder aggressive Impulsivität
  • Stimmungsschwankungen, emotionale Labilität
  • Probleme mit Kritik und Veränderungen
  • Schulangst oder Vermeidung
  • geringes Selbstwertgefühl
  • Schwierigkeiten, Freundschaften aufzubauen oder zu halten


Warum passiert das?

Ein aktiver Moro-Reflex bedeutet ständige hohe innere Alarmbereitschaft.
Das führt zu Überreaktionen, Unsicherheit oder Kontrollverhalten – oft missverstanden als „schwierig“ oder „unwillig“.



AD(H)S und Konzentration


Warum Reflexe oft wie AD(H)S aussehen

Viele Symptome eines aktiven Moro-, ATNR-, TLR- oder STNR-Reflexes ähneln denen von AD(H)S, aber die Ursachen unterscheiden sich. Kinder mit Reflexresten brauchen keine „Disziplin“ – sie kämpfen gegen ihr Nervensystem.


Wichtige Fakten

  • ca. 85 % der ADS-Kinder zeigen Moro-Restreaktionen
  • TLR & STNR können AD(H)S-ähnliche Unruhe und Impulsivität auslösen
  • ATNR-Restreaktionen verlangsamen geistige Prozesse trotz guter Intelligenz


Typische Folgen

  • schnelle geistige Erschöpfung
  • geringe Ausdauer
  • häufiges „Wackeln“ oder Rutschen auf dem Stuhl
  • Probleme bei Ordnung, Arbeitsorganisation, Struktur
  • scheinbare, aber nicht echte Konzentrationsprobleme


Warum das wichtig ist

Viele dieser Kinder werden vorschnell als AD(H)S eingestuft.
Aus neurophysiologischer Sicht lassen sich jedoch zahlreiche Symptome direkt auf nicht integrierte Reflexe zurückführen – und damit auch behandeln, ohne Medikamente oder reine Verhaltenstrainings.

Neuer Text